Performance-Training

Die Einlassmusik geht aus. Das Licht wird gedimmt. Das Publikum braucht einen Moment um zu erkennen, dass es jetzt losgehen soll. Erster vorsichtiger Applaus, leise Pfiffe, dann wird das Rufen und Schreien des Publikums lauter. Der Applaus und die Pfiffe werden kurz ganz laut, um dann wieder ganz still zu werden. Der Tourleiter checkt mit den Musikern die Bereitschaft für den Showbeginn. Kurzes Nicken von allen Seiten. Dann ein Lichtsignal in Richtung FOH. Stille und eine flirrende Spannung liegen in der Luft. Alles ist angespannt, der Körper ist unruhig, wartet auf sein Go. Gleich kommt es nur auf Sie an. Ihr Stageacting entscheidet in Sekunden, ob Sie das Publikum vom ersten Ton mit auf die Reise nehmen können oder es sich erst im Laufe der Show hart erarbeiten müssen. Noch eben eine Dehnung. Konzentration. Die Band spielt los. Noch 4 Takte, dann kommt der Einsatz. Jetzt ist klar, dass alles von Ihnen abhängt. Ihre Performance ist entscheidend. Der Aufgang ist wichtig. Alle Blicke sind auf Sie gerichtet. Lampenfieber. Kurze Angst vorm Versagen. Weggedrängt. Freude. Lust auf die kommende Show. Jetzt nur nicht stürzen. Beherrscht und cool raus auf die Bühne. Die Anspannung unter Kontrolle halten. Den dicken Schuss Adrenalin direkt in den Kopf irgendwie verkraften. Jetzt nur den Text nicht vergessen und den Rhythmus finden. Bewegung zum Beat. Gezielt, lasziv, passend zur Musik. Erste Geste ins Publikum und frenetischer Applaus. Geschafft. Die erste Hürde ist genommen. Kurzer Move. Das Publikum hat sie erfasst und nun voll im Blick. Jetzt nur die Spannung halten. In die geübten Bewegungen kommen und nicht den Kontakt zum Publikum verlieren. Singen und schön im Groove bleiben. Wie geht es den anderen? Sind alle gut drauf. Hat sich der Schlagzeuger gefangen oder ist er immer noch so schlecht drauf, wie bei der letzten Probe. Jetzt kommt der Part, der immer hakt. Konzentration. Geschafft. Und immer schön im Kontakt bleiben. Ein kurzes Lächeln zum Gitarristen, er sieht zufrieden aus. Jetzt noch der zweite Chorus und dann Finale, – aber halt, verdammt, ich höre meine Stimme nicht mehr, wo ist meine Stimme. Jetzt ganz ruhig bleiben. Ich weiß was ich singen muss, aber ich höre nichts mehr. Schön Weitersingen und Lächeln. Egal. Kurze Drehung und große Geste in die Menge, um von den Problemen abzulenken. Nervosität. Ruhig bleiben. Und immer weiter performen. Keiner hat etwas bemerkt, aber hören kann ich mich noch immer nicht. Ich muss das Volumen am Empfänger nachregeln. Ganz vorsichtig. Nicht zu laut. Möglichst unauffällig. Die Bewegung zur Hüfte, wo der Empfänger hängt, schön leicht aussehen lassen, als würde sie dazu gehören. Kurz den Regler gedreht und endlich, ich höre mich wieder. Und da ist auch schon der Schlussakkord. Konzentration. Ansage. „Hallo Hamburg“…